Wer nach einem langen Tag am Bildschirm gerne noch ein Buch lesen möchte, ist oft ermüdet vom ganzen Buchstabensalat, der während der Arbeit und zusätzlicher Smartphone-Nutzung auf einen eingeprasselt ist. Viele Menschen greifen daher zu Hörbüchern, um ihre Lieblings-Romane, Sachbücher und mehr anzuhören, anstatt sie zu lesen.
Die offizielle Ankündigung von Spotify
Mittlerweile hat Spotify das neue Feature offiziell in einer Pressemitteilung angekündigt. Hier die wichtigste Passage: „Spotify Premium Individual Abonnent*innen und Premium Duo und Family Hauptnutzer*innen können aus einem Katalog von 350.000 Hörbuch-Titeln wählen – darunter zahlreiche Titel auf Deutsch. Sie erhalten im Rahmen ihres Abos monatlich zwölf Stunden Hörzeit auf den im Abonnement enthaltenen Hörbuchkatalog. Bei Bedarf lassen sich zusätzliche Zeitpakete von zehn Stunden für jeweils 9,99 Euro hinzukaufen. Alle Hörer*innen können Wunsch-Hörbücher einzeln gegen Zahlung freischalten. Die neue Premium Hörbuch Experience wird im Laufe des heutigen Tages verfügbar sein.“
Dass der Markt für Hörbücher immer beliebter wird, zeigt das rasante Wachstum von rund 25 Prozent. Im Jahr 2030 könnte das Markvolumen von derzeit knapp sieben Milliarden US-Dollar auf ganze 35 Millionen USD ansteigen. Das berichtet der Spiegel, der aktuell auch mit einer weiteren Neuigkeit für Hörbuch-Fans auf sich aufmerksam macht: Der schwedische Streaming-Anbieter Spotify (App Store-Link) wolle am morgigen Dienstag den Einstieg ins Hörbuchgeschäft in Deutschland ankündigen, so der Spiegel.
„Man wolle ‚ein neues Kapitel‘ aufschlagen, heißt es in einer Einladung. In anderen Ländern wie den USA, Frankreich, Großbritannien oder den Niederlanden ist die Plattform bereits mit Hörbüchern präsent. Spotify will sich auf Anfrage nicht konkret äußern. Man habe ‚aktuell nichts Neues zu berichten‘.“
Bei Spotify finden sich bislang nur sehr wenige Hörbücher von deutschen Autoren und Autorinnen. Und das hat seinen Grund: Viele Verlage empfinden die Vergütung als zu unattraktiv und halten sich daher mit der Veröffentlichung derartiger Medien zurück. Mit dem neuen Vorstoß von Spotify könnte allerdings Bewegung in die Angelegenheit kommen, „denn Spotify verändert im neuen Modell die Regeln“, so der Spiegel. „Spiegel-Anfragen bei Verlagshäusern haben ergeben, dass jetzt nahezu alle dabei sein wollen.“ Doch es gäbe auch Bedenken gegenüber dem neuen Vertriebskanal.
„Die Hauptsorge: Was macht eine breite Verfügbarkeit von Hörbüchern bei Spotify mit dem Gewinnbringer der Verlage, dem gedruckten Buch? Kostet eine Neuerscheinung im Handel 24 Euro, bleiben beim Verlag nach Abzug der Kosten und Rabatten für den Buchhandel etwa vier Euro pro Exemplar hängen. Angenommen, ein Leser entscheidet sich nun, statt das Buch zu kaufen, es bei Spotify anzuhören, könnte diese Marge für die Verlage geringer ausfallen.“
Vergütung pro Hörstunde in Deutschland geplant
Spotify hatte die Hörbuch-Unterstützung im Jahr 2023 erstmals auf den Testmärkten in Großbritannien und Australien eingeführt und später dann auch unter anderem in die USA ausgeweitet. Seit Oktober des vergangenen Jahres können schon Spotify-User in Frankreich, den Niederlanden und in Belgien das Hörbuch-Angebot nutzen.
Offenbar gibt es unterschiedliche Verträge mit den verschiedenen Verlagen weltweit, so dass sich die jeweiligen Einnahmen für diese als wenig kalkulierbar erweisen. In Deutschland plane Spotify laut Spiegel-Angaben eine Vergütung pro Hörstunde, die laut Aussage von mehreren Verlagen bei 20 bis 40 Cent liegen solle.
Wenn nun ein User bei Spotify ein Hörbuch lediglich zwei Stunden lang anhört, liegen die Einkünfte für die Verlage deutlich unter denen, die sie beim Kauf eines physischen (Hör-)buchs, das oft zwischen 15 und 30 Euro kostet, generieren würden. Würde man aber ein umfangreiches Hörbuch ganz zuende hören, beispielsweise beim vom Spiegel angeführten Beispiel „Iron Flame – Flammengeküsst“ von Rebecca Yarros, das 34 Stunden und 20 Minuten lang ist, würden die Verlage ein gutes Geschäft machen.
Das Problem dabei: Personen mit einem Spotify-Abo erhalten nur eine begrenzte Hörzeit pro Monat. In den USA, in Großbritannien und Australien seien es laut Spiegel 15 Stunden, in den Benelux-Ländern sowie in Frankreich seien es 12 Stunden/Monat. Falls man das Limit überschreite, könne man „Top-Ups“ erwerben, um weitere Hörstunden zur Verfügung zu haben. Ausgenommen dürften laut Spiegel zukünftig Kinderhörspiele wie Benjamin Blümchen, TKKG und Co. sein.
Der geplante Schritt von Spotify dürfte auch die Konkurrenz von Amazon und dem eigenen Audible-Hörbuchdienst aufhorchen lassen. Audible bietet Hörbücher in einem Abo-Modell an, mit dem sich monatlich ein Produkt erwerben lässt. Anders als bei Spotify bleibt dort das Hörbuch nach dem Erwerb auf dem Gerät des Käufers bzw. der Käuferin, ein Verlag verdient pro Kauf rund 1,50 Euro, egal, ob das Hörbuch angehört werde oder nicht. Es bleibt daher abzuwarten, in wie weit das neue Spotify-Angebot den deutschen Hörbuch-Markt durcheinander wirbelt.